What to know about milk and plant based milk
Im Herzen von Berlin, im Godshot Coffee Lab gebe ich (Dominique Herhausen) mehrmals die Woche Baristaseminare. Meine Leidenschaft ist das Latte-Art gießen und das Thema MILCH in allen Einzelheiten. Im Latte-Art Kurs erzähle ich von der Technik des Milchschäumens und nehme die Milch genauer unter die Lupe.
Es ist 10 Uhr, alle Teilnehmer sind bereit und richten ihre Aufmerksamkeit auf mich. Ich starte mit der Einstiegsfrage: "Was glaubt ihr, welcher Bestandteil der Milch ist für die Schaumbildung verantwortlich?"
"Das Fett glaube ich." Meldet sich der erste zu Wort.
Ein anderer Teilnehmer weiss es besser und glänzt mit der richtigen Antwort: „Die Eiweiße!“
„Genau!“ bestätige ich, „Eiweiße vergrößern während des Erhitzens ihre Oberfläche und bilden mit der hereingezogenen Luft eine stabile Schaumstruktur.“

Ich fasse die Technik kurz zusammen:
Ziehphase/Stretching
Mit dem heißen Dampf aus der Dampflanze, der an der Milchoberfläche die Luft in die Flüssigkeit bringt und gleichzeitig erwärmt, werden die Schaumbläschen gebildet. Dies geschieht in den ersten Sekunden bis die Milch ca. 37 Grad erreicht hat.
Rollphase/Heating
Die Schaumbildung ist nun abgeschlossen. Im weiteren Verlauf werden die unterschiedlich großen Bläschen durch zirkulieren der Milch mit Hilfe des Dampfstrahls zerkleinert und mit der flüssigen Milch vermengt. Bei ca. 62 Grad hat man nun einen cremig flüssigen Schaum, der sich perfekt zum Latte Art gießen eignet.
„So“, beschließe ich, „jetzt könnt ihr theoretisch Milch schäumen. Was ist nun aber mit der Qualität der Milch, da gibt es doch viele unterschiedliche Milchsorten zur Auswahl. Welche ist die Beste?“ Der profitorientierte Gastronom schwört auf H-Milch. Sie kostet nicht viel, lässt sich lange lagern und schäumt am besten. Ich blicke in die Runde und frage: „Nur so vom Gefühl her, möchtet ihr euren Cappuccino mit H-Milch trinken?“ Keiner sagt Ja, nicht einmal der Café-Besitzer.
Vielleicht kann ein kleiner Exkurs in die Herstellung der haltbar gemachten und homogenisierten Milch mehr Klarheit bringen?
Beim pasteurisieren (Keime abtöten) der Milch wird sie für einige Sekunden auf 72-78 Grad erhitzt. Vitamine und Mineralien sind noch zu einem großen Anteil erhalten geblieben. H-Milch wird ultrahoch erhitzt, dafür auch noch etwas länger. Sie wird auf 135-150 Grad erwärmt und dabei werden viele Vitamine zerstört. Der typische H-Milchgeschmack kommt durch die Veränderung der Eiweißstruktur zustande. Jetzt kommt aber noch das homogenisieren der Milch dran. Was war das noch mal? Steht ja oft auf der Verpackung pasteurisiert und homogenisiert. Gleichförmig machen. In unserem Fall sollen keine Fettklumpen auf der Milch schwimmen, der Verbraucher mag das nicht so gerne. Lieber Stückchen freie weiße Milch. Naturbelassen kann sich diese Milch nicht mehr nennen. Durch sehr hohen atmosphärischen Druck von 250 Bar und extrem schneller Verwirbelung durch Zentrifugieren, schafft die Industrie uns eine Fett-in-Wasser Emulsion anzubieten. Der Verdacht liegt jetzt aber nahe, dass nicht nur die Fette sich verändern, sondern auch die Aminosäureketten (Eiweiße) umstrukturiert werden. Sogenannte denaturierte Eiweiße entstehen.
Kritiker behaupten nun, unser Körper erkennt diese während der Verdauung nicht mehr als natürliche Eiweißbausteine. Sie gelangen also in die Blutbahn und werden von den Zellen ebenfalls nicht erkannt. Unser wachsames Immunsystem reagiert mit einer Antihaltung darauf. Der Grundstein einer Allergie könnte gelegt sein. Ob das nun alles so stimmt oder nicht, eines kann man glaube ich als Fazit zulassen:
Je naturbelassener ein Lebensmittel, desto weniger unnötiger Aufwand für den Körper. Außerdem sollte doch der Geschmack der Milch auch eine Rolle spielen.
Die Veganer unter uns müssen nicht traurig sein.
Eine Soja- oder Hafermilch lässt sich auch gut schäumen. Das einzige, was man während des Schäumens beachten sollte, ist eine sehr kurze Ziehphase und dafür eine längere Rollphase durchzuführen. Dadurch bildet sich nicht zu viel Schaum, was bei den eiweißreichen Drinks nämlich oft der Fall ist. Sollte die Pflanzenmilch zu viel Stärke enthalten, wie etwa bei Reismilch, ist das Schäumen sehr schwierig. Man sollte sich dann mit lediglich erhitzter Reismilch zufrieden geben. Das kann auch bei anderen Pflanzendrinks passieren. Dies hängt von der Zusammensetzung und Verarbeitung ab.
Einige Hersteller haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit Hilfe von Stabilisatoren, Aromen und anderen Hilfszutaten, z.B. die perfekte Mandelmilch zu kreieren. Wenn eine Mandelmilch aus mehr als 3-4 Zutaten besteht, bin ich sehr skeptisch und möchte diese lieber nicht trinken. Da kann der Schaum noch so stabil sein. Für figurbewusste Hafermilchtrinker habe ich auch noch eine kleine Anmerkung.
Der Prozess der Hafermilchgewinnung verläuft u.a. so, dass mit Hilfe von Enzymen ein Teil der Stärke in Zucker umgewandelt wird. Diese Zuckerherstellung entspricht in etwa der Zuckerherstellung in den Raffinerien. So kann es sein, dass in 1 Liter Hafermilch 12,5 TL Zucker enthalten sind.

Der entstandene Zuckeranteil muss nicht auf dem Etikett stehen. "Ohne Zuckerzusatz" oder "zuckerfrei" prangt stolz auf der Verpackung. Nuss-, Soja- oder Getreidedrinks sind alle erst durch industrielle Verarbeitung als Milchersatz zu gebrauchen. Auch hier wäre naturbelassen nicht die korrekte Bezeichnung. Wer trotzdem natürliche Pflanzenmilch trinken möchte, kann sich mit einem guten Blender selbst eine wirklich schmackhafte Alternative zubereiten.
Ich merke, dass es meinem Kursteilnehmer aus der Gastronomie doch nun zu weit geht. Verstehe ich. Er lenkt aber ein, dass eventuell frische Vollmilch die neue Wahl für sein Café sein wird. Dann müsste allerdings noch ein weiterer Kühlschrank her. Langsam denke ich, dass ich genug von der Milch erzählt habe. Der praktische Teil des Kurses kann beginnen. Ab jetzt übt jeder fleißig den perfekten Milchschaum zu produzieren. Erste Herz- und Blatt Ansätze sind zu erahnen...
Dominique Herhausen
Latte-Art Trainerin